Ein Kommentar von Saskia Hüneke zu Wolfram Meyerhöfer: Nun hören Sie doch mal auf, zu protestieren – Das ist doch alles demokratisch beschlossen!, in: die aNDERE, Januar 2018, S. 9-1
Wie Wolfram Meyerhöfer richtig schreibt, lebt Demokratie vom argumentativen Diskurs. Dazu kommentiere ich seinen Text, um zum Verständnis von Demokratie und zur Legitimität der Entwicklung in der Potsdamer Mitte eine andere Sichtweise aufzuzeigen.
Zur Überschrift und zum Absatz 1
Der Hinweis auf die demokratische Beschlusslage ist immer berechtigt, auch wenn es der jeweiligen Minderheit, zu der ich bei anderen Themen auch oft gehöre, nicht gefällt. Ebenso, und da konstruiert Meyerhöfer einen nicht existierenden Widerspruch, gehört der Protest zum Diskurs. Seiner Behauptung, die Beschlüsse zur Errichtung von Attrappen des Stadtschlosses und der Garnisonkirche sowie zum Abriss von Mercure und FH seien nicht demokratisch gefallen, wird allerdings ausdrücklich widersprochen. Warum, wird zu zeigen sein.
Zu Demokratie ungleich Mehrheiten organisieren
Wenn man sich auf Mehrheitsbeschlüsse beruft, heißt das nicht, man meine, dass Demokratie allein darauf beruhe, Mehrheiten zu organisieren. Schon gar nicht trägt der DDR-Vergleich. Hier wird vernachlässigt, dass es dort keine gleichen, geheimen und freien Wahlen gab, keine freie Presse, kein Versammlungsrecht, also auch keinen öffentlichen Diskurs, sondern die in der Verfassung verankerte führende Rolle der Partei. Das war ein oligarchisches System, vom Misstrauen der politischen Eliten gegenüber den Beherrschten, denen man verantwortungsvolle Entscheidungen nicht zutraut (S.14) gekennzeichnet. Dem steht das heutige System gegenüber, für das nicht nur freie Wahlen und freier Diskurs essentiell sind, sondern auch das Verhältniswahlrecht insbesondere für die Stadtverordnetenversammlung (SVV). Dieses spiegelt das Meinungsspektrum der Wählerschaft durch das Kumulieren und Panaschieren der drei Stimmen jedes Wählenden und durch das kleine Fraktionen leicht begünstigende Hare-Niemeyer-Verfahren zur Berechnung der Sitze sehr genau wider. Deshalb haben ihre Beschlüsse eine besonders hohe Legitimation. Gehen Fraktionen öffentliche Bündnisse ein, ist das legitim, und von der zu kritisierenden Hinterzimmerpolitik, die etwa Lobbyisten begünstigt, zu unterscheiden.