Offener Brief an die Gruppe „Letzte Generation“ zum Angriff auf das Heuschoberbild von Monet

Liebe Frau Herrmann, liebe Gruppe „Letzte Generation“,

Kompliment, es hat funktioniert: der Weltruhm der Kunstsammlung Plattner und des Museums Barberini in Potsdam hat dafür gesorgt, dass der Angriff auf Monets Heuschoberbild in aller Munde ist; und ja, ebenso die gute Absicht, im Hinblick auf die drohende Klimakatastrophe wachzurütteln. Jenseits der Diskussion darüber, ob das ethisch vertretbar ist, meinen wir: Es ist nicht die richtige Methode.

In einer Stadt mit den Erfahrungen der friedlichen Revolution von 1989 waren wir auch vom jugendlichen Klimaprotest der letzten Jahre fasziniert und konnten in der bündnisgrünen Politik wahrnehmen, dass die aus unseren Reihen schon länger vorgetragenen Argumente und Ziele nun breiter mitgetragen wurden. Beide Bewegungen fußen auf dem guten Argument und der Größe ihrer Anhängerschaft, verbunden mit dem ausdrücklichen Verzicht auf Aggression. Auch wenn wir Ungeduld, Verzweiflung und Ängste der Jugend teilen, bleiben wir dabei: Diese Erfahrungen gilt es mit den Mitteln der Demokratie weiterzuentwickeln, alles andere wirft uns zurück.

Zunächst ist es hochriskant, die Menschen wie ausdrücklich erklärt auf eine so praktizierte, aggressive Weise bewusst emotional anzusprechen und starke Gefühle zu erzeugen. Die Antwort wird nicht erweiterte Einsicht sein, sondern Gegenreaktion, Diskreditierung der Klimapolitik, Abwendung vom eigentlichen Thema. Prompt kam denn auch der Stadtverordnetenantrag der CDU, den Klimanotstandbeschluss von 2019 wieder aufzuheben, und das ist ja vergleichbar harmlos.

Und wer nicht durch die vielfach präsenten Bilder von Fluten und Dürre, von Hunger und Not, vom eindrücklichen Rauschen schmelzenden Gletscherwassers berührt wird, den wird auch der Angriff auf ein Kunstwerk nicht weiterbringen, eine so verlagerte Emotionalität kann kaum produktiv sein.

Er verstärkt den Trend, den bitter notwendigen, aber komplexen Sachdiskurs zum Klimaschutz auf schlichtere Scheindebatten zu verlagern. So gibt es beispielsweise, während die sinnvollen Forderungen zum Tempolimit und einem konsequenten Ausbau des ÖPNV uneingelöst bleiben, eine landesweite Debatte, wie denn der im Gebäudesektor wenige Prozente betreffende Denkmalschutz eingeschränkt werden kann. Auch diesem Diskurs muss man sich stellen, man darf aber keine Sekunde aus dem Auge verlieren, dass es primär um Effizienz, Schnelligkeit und Mengenrelationen bei der Reduzierung des Co2-Ausstoßes gehen muss, und damit auch um den wirksamsten Einsatz öffentlicher Mittel für den Klimaschutz einschließlich der sozialen Abfederung.

Anlässlich einer Demo von Fridays for Future und GermanZero haben wir kürzlich deutlich gemacht: wir brauchen Unterstützung dort, wo die Entscheidungen vorbereitet, und dort, wo sie getroffen werden: in den politischen Parteien und in den demokratischen Gremien – in einer guten Vorbereitung, durch überzeugende Argumente und immer wieder auch in großer Menschenzahl. Das ist ausbaufähig und der Einsatz für den Klimaschutz wird deutlich wirkungsvoller sein, wenn hier eine aktive Entwicklung stattfindet. Unsere Tür steht offen!

 

Mit freundlichen Grüßen

Saskia Hüneke und Gert Zöller
(Fraktionsvorsitzende)

 

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