Silke Reimer, Co-Fraktionsvorsitzende und Mitglied im Finanzausschuss, nahm in der Stadtverordnetenversammlung am 2. April 2025 Stellung zum gemeinsamen Änderungsantrag zur Haushaltssatzung 2025:
„Es war einmal eine Stadt in Not. Die Kasse war fast leer, die Stadtführung malte düstere Szenarien, und der Herrscher drohte mit harten Sparmaßnahmen. Die Botschaft an die Stadtgesellschaft war klar: Wir müssen den Gürtel enger schnallen – radikal.
Doch dann: Das Volk streikte. Es regte sich Widerstand. Und plötzlich, wie aus dem Nichts, war Geld da. Die Kasse füllte sich wieder. Kürzungen wurden gestrichen. Und seitdem redet man beschwingt vom Wunder von Potsdam.
Ein Wunder? Nein. Ganz sicher nicht.
Das war keine Magie – das war verdammt viel unbezahlte Arbeit. Ehrenamtlich.
In zahlreichen Stunden habe ich Deckungsvorschläge gesucht – und ich weiß, dass viele von Euch und Ihnen genauso hart gearbeitet haben.
Was es uns besonders schwer gemacht hat: Der Haushalt kam fast ohne Erläuterungen – obwohl das gesetzlich vorgeschrieben ist! Größere Ausgabensprünge waren nicht nachvollziehbar.
Und so mussten wir selbst nachrechnen, vergleichen, aufdecken. Viele vermeintliche „Lösungen“ entpuppten sich dann als doch erklärbar – aber erst auf Nachfrage.
Bei den Sach- und Dienstleistungen wurden wir schließlich fündig.
Herr Oberbürgermeister, Sie sprachen am Mittwoch davon, dass Sie hier nun den Gürtel enger schnallen. Lassen Sie mich eine Zahl dagegensetzen: Die Ausgaben für die Sach- und Dienstleistungen sollten 2025 um über 35 Prozent im Vergleich zu den tatsächlichen Ausgaben in 2023 steigen – und das ohne nachvollziehbare Begründung.
35 Prozent in zwei Jahren! Das ist kein enger Gürtel – das ist dreist.
Zum Glück konnten wir Sie davon überzeugen, die Zahlen noch einmal kritisch zu hinterfragen.
Aber: Dass dieser Impuls nicht von der bezahlten Verwaltungsspitze kam, sondern von Ehrenamtlichen, ist ein Armutszeugnis. Wir mussten retten, was zu retten war. Währenddessen lebten Vereine, Träger und soziale Einrichtungen monatelang mit der Angst vor Einschnitten, die ihre Existenz bedroht hätten – und das völlig unnötig.
Was ist das für ein Umgang mit dieser Stadt? In all dem Chaos ist das Wesentliche verloren gegangen: die echte Konsolidierung des Haushalts.
Was wir stattdessen bekommen haben, war eine sogenannte Konsolidierungsliste – ein Dokument, das für viele eine pauschale Kürzung bedeutet. Was nicht erkennbar war: Eine Strategie, eine Perspektive.
Doch Haushaltskonsolidierung heißt nicht: Streichen, was geht.
Es heißt: klug wirtschaften. Geld da einsetzen, wo es wirkt. Ressourcen bewusst steuern. Dazu braucht es Fachwissen und eine Verwaltung, die mitzieht – die Lust hat, kreative Ideen zu entwickeln.
Ich weiß, dass in der Verwaltung viele gute Vorschläge existieren. Doch es reicht nicht, wenn sie in Schubladen verstauben. Unsere Aufgabe ist es, diese Ideen endlich ernst zu nehmen, zu bündeln – und ein echtes Konzept auf den Weg zu bringen.
Und ja:Konsolidierung ist auch eine Chance. Eine Chance, klüger zu wirtschaften. Die Lebensqualität in Potsdam zu verbessern und gleichzeitig finanziell stabil zu bleiben. Dafür braucht es kein Märchen. Keine Wunder. Keine guten Feen.
Es braucht Verantwortungsbewusstsein, Transparenz – und den politischen Willen.
Lassen Sie uns also aufhören, Listen zu verteilen, mit denen wir uns wochenlang durchs Haushaltsdickicht kämpfen müssen. Lassen Sie uns stattdessen heute diesen Haushalt beschließen – und danach anfangen, verantwortungsvoll an der Konsolidierung des nächsten Haushalts zu arbeiten.“